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26.05.2018 IMLanzarote 5.0 – was ist härter, Starten oder Supporten?

Der Doppel-Erlebnisbericht des IM Lanzarote 2018

Jetzt ist er schon wieder Geschichte, der 27. Ironman Lanzarote oder auch the “toughest Ironman in the world” wie der Slogan des Veranstalters und ein kürzlich durch durchgeführtes Voting unter Athleten ergeben hat.

Direkt nach dem IM Malaysia hab ich mich angemeldet und mich wie Bolle auf den Start gefreut. 6 Monate dachte ich, haufenweise Zeit. Plötzlich war es März, kein Trainingslager gemacht, nur 1500 Radkilometer auf der Uhr, 30 Wochenkilometer Laufen sagte die Garmin Statistik und dann steh ich auf die Waage und falle fast in Ohnmacht. Soviel zum Thema haufenweise Zeit 😉
Wie auch immer dann kam Ostern, 10 Tage Trainingslager auf Fuerte und danach das fantastische Wetter bei uns daheim und so hab ich mit viel Dusel dann doch noch – abgesehen vom Gewicht – die (Form)kurve gekriegt 🙂 Am Ende fehlt mir eben immer gefühlt noch wenigsten 1 Monat 😉

Natürlich gab es auch ausgerechnet eine Woche vor dem Wettkampf, während des Fluges von Stuttgart nach Lanzarote, einen Sprung im Raum-Zeit-Kontinuum und wir waren statt 8 Tagen nur 1 Millisekunde auf der Insel 😉 😉

Lanzarote 5.0 war das Motto unserer Reise, da das mein 5. Start hier auf unserer Lieblingskanareninsel war.
Boris Becker hat einmal in einem Interview gesagt Wimbledon wäre sein Wohnzimmer. Nur dass es keiner falsch versteht, er ist ein Champion und hat die größten Siege seiner Karriere da gefeiert. Bei mir ist es eher das Gegenteil, ich habe hier eher meine schlechtesten Ergebnise eingefahren und Demut gelernt, wenn ich mich mal wieder beim Marathon wie das Leiden Christi über die Laufstrecke geschleppt habe 🙂
Aber bei keinem anderen Rennen habe ich so gute Ortskenntnisse wie bei diesem. Unzählige Male habe ich auf dieser fantastischen Radstrecke meine Radkilometer im Training abgespult. Von daher ist es eben auch sowas wie mein Wohnzimmer oder mein “Heimrennen”, auf jeden Fall aber mein Lieblingsrennen 🙂
Auch letztes Wochenende hat mir die Radstrecke wieder aufgezeigt wo der Hammer hängt, aber dazu gleich mehr.

Es war wie immer ein langer harter Tag. Aber so will man es ja, wenn man sich für den „toughest Ironman of the world“ anmeldet 😉

Aber nicht nur die Teilnehmer haben einen langen, harten Tag sondern auch die vielen Supporter – Familienmitglieder, Freunde – und nicht zu vergessen die freiwilligen Helfer.

Als Birgit und ich uns abends nach dem Rennen an der Hotelbar in einem Spiegel betrachtet haben, sah es so aus als ob wir beide gestartet wären. Dabei kamen wir auf die Idee statt des obligatorischen Rennberichts als Coautoren einen Doppel-Erlebnisbericht zu schreiben, anhand dem dann jeder Leser für sich entscheiden kann wer denn nun den tougheren Tag hatte, der Supporter oder der Athlet.

Um die unterschiedlichen Sichtweisen (wer schreibt gerade) etwas besser zu strukturieren führe ich einen virtuellen Reporter ein. Damit ich nicht soviel tippen muss nenn ich ihn einfach mal Max 🙂
(Für alle, die unsere Plüsch-Familienmitglieder kennen, Max ist das Maskottchen vom IM Zürich, das seit 2012 zu uns gehört und aus seiner Position im Rucksack einen Großteil des Tages miterlebt hat.)

Max:
Wie lief die letzte Vorbereitung für Dich ab Kai?

Kai:
In der letzten Woche halte ich traditionell die Beine still. Klar etwas Bewegungstherapie muss sein und wenn es nur dazu dient die Nerven zu beruhigen. Wir sind samstags angekommen und sonntags stand als erstes nochmals eine längere Radfahrt auf dem Programm. Da die Radstrecke nach 26 Jahren leider geändert wurde, wollte ich mir unbedingt die geänderten Passagen anschauen. Dann in den folgenden Tagen ein paar Mal Schwimmen im Meer und auch etwas Laufen und Radfahren, aber alles weniger als 1 Stunde Dauer.

Max:
Um was für Streckenänderungen handelt es sich denn und wie lautet Dein Urteil?

Kai:
Auf dem Bild ist der Streckenverlauf, den ich mit meinem Garmin edge aufgezeichnet habe, zu sehen.
Den offiziellen Link des Veranstalters zum Streckenverlauf des Ironman Lanzarote 2018 findet ihr hier:  link.
Im wesentlichen sind es 4 Änderungen gegenüber der traditionellen Strecke:
Zunächst geht es nach dem Start nicht mehr über Puerto Calero sondern über Tias und Conil entgegen der bekannten Schlussabfahrt. Das ist schon ein echter Hammer so direkt aus der kalten Hose nach dem Schwimmen.
Die zweite, für mich überraschendste Änderung ist, dass die Strecke nun nicht mehr am Club La Santa – dem Titelsponsor – vorbeiführt. Stattdessen geht es in Mancha Blanca direkt über die Straße durch die “Fake Fire Mountains” zurück zur “Weinstrasse”, die von Yaiza nach Teguise über San Bartalome, genau gesagt dem Monumento del Campesino führt. D.h. dieser Teil der Strecke wird, wie der Anfangsberg auf dem Hin- und Rückweg befahren. Von Teguise verläuft die Strecke wie gehabt über die beiden Miradore. Für mich das Highlight der Strecke mit dem fantastischen Ausblick am Mirador del Rio, der mir jedesmal ein Gänsehaut Feeling beschert.
Als dritte Änderung hat der Veranstalter die wohl meist gehasste Straße von Lanzarote bei Nazaret von der Strecke gestrichen. Das Paris-Rubais-Geholper vermisst wohl keiner. Dafür verläuft die Strecke nun über Teseguite, ein fieser Berg zu einem Zeitpunkt wenn man schon ziemlich leidet.
Nach der 2. Durchfahrt durch Teguise geht es – das ist dann die vierte und letzte Änderung – nicht direkt Richtung Monumento del Campesino sondern zuerst am 2. Kreisel noch auf ein Wendepunktstück in Richtung Farmara. D.h. nochmals zunächst bergab Richtung Meer und dann alles wieder zurück.

Meine persönliche Bewertung sieht folgendermaßen aus:

Ich bin nicht besonders begeistert von den Änderungen, da sich der Charakter der Strecke geändert hat. Davor war es eine echte Runde um die Insel (das finde ich subjektiv schöner), jetzt hat es mehr den Charakter von zwei kleinen Runden (El Golfo/Timanfaya-Runde und Mirador-Runde) mit einer Verbindungsstraße, die auf dem Hin- und Rückweg zu befahren ist. Die Strecke ist auch nochmals anspruchsvoller und damit langsamer geworden. Der Veranstalter argumentiert, dass die Sicherheit verbessert wird, weil nun die Strecke komplett für den Autoverkehr gesperrt ist. Dem stimme ich zu. Die Strecke ohne Autos hat mir gut gefallen. Ich erinnere mich noch gut an Jahre, in denen ich im Timanfaya einen Reisebus überholen musste bzw. als ich zwischen Arrieta und Tahiche auf der Shoulder an einem Stau vorbei fahren musste.

Max:
Und Birgit, wie waren die Tage für Dich vor dem Rennen hier auf der Insel?

Birgit:
Die Woche vor einem IRONMAN ist irgendwie immer was zu erledigen und die Zeit fliegt nur so davon. Außerdem war ich der Chauffeur nach überall.

Max:
Du wolltest hier ebenfalls trainieren. Geht das zusammen mit einem aufgeregten Tiger im gleichen Apartment.

Birgit:
Ich habe mein Fahrrad zu Hause gelassen, weil ich wusste, dass ich die Woche vor einem IRONMAN nicht wirklich Zeit dazu finde. Ich war aber ein paar Mal laufen und schwimmen. Das konnte ich gut einrichten.

Max:
Du kennst beide Seiten, als erfahrene Supporterin und 12-fache Ironman-Finisherin. Was unterscheidet die Tage vor dem Rennen für Dich?

Birgit:
Na ja, wenn die Nervosität beim Partner steigt, steckt das schon an. Aber Gedanken über das Geprügel beim Schwimm-Massenstart oder wo ordne ich mich ein, was esse ich die letzten Tage, trinke ich genug – das hat man als Supporter natürlich nicht.

Max:
Wie war Deine Nacht vor dem Rennen? Am Rennmorgen hat jeder seine Rituale und Automatismen. Wie sehen die bei Dir aus Kai?

Kai:
Meist bin ich nervös und schlafe sehr wenig in der letzten Nacht, aber diesmal wie ein Murmeltier. Kann mich nicht erinnern wann ich so gut vor einem IM geschlafen hab. Vielleicht hab ich die Sache etwas zu entspannt gesehen 😉
Der Wecker hat um 3:30 geklingelt, dann hab ich ein paar Scheiben Brot verdrückt. Ich hab keine speziellen Rituale. Ich möchte nur gerne möglichst früh in der Wechselzone sein, daher der frühe Wecktermin. Frühstück, Toilette, Trinkflaschen vorbereiten (das Vitargo in höherer Konzentration muss man ziemlich lange schütteln) und Anfahrt mit dem Auto (wir wohnten am anderen Ende von Puerto del Carmen, im Stadtteil Matagorda).

Max:
Wie sieht der Rennmorgen vor dem Start für Dich als Supporter aus? Da gibt es ja bereits jede Menge zu tun oder?

Birgit:
Ich passe auf, dass Kai nichts vergisst, der hat in der Vergangenheit schon den Pulsgurt oder den Schwimmanzug im Hotel vergessen. Außerdem habe ich unter Kais strenger Aufsicht die Trinkflaschen zusammengemixt. Die Zeit zwischen aufstehen und Abfahrt am Hotel verging im Nu (zum Glück sind wir diesmal nicht beide gestartet). Zur Abwechslung habe diesmal ich im Eifer des Gefechts ein paar Dinge vergessen (Sonnencreme und das Ladekabel vom Handy). Alles was ich wohlweislich schon am Abend vorher in meinen Rucksack gepackt hatte war dabei.

Max:
Hattest Du Dir eine Rennplan zurecht gelegt Kai?

Kai:
Plan ist zu viel gesagt. Das Rennen dauert lang und man muss sich immer auf die aktuelle Situation einstellen. Ich hab mit Bennie abgesprochen welche Wattwerte ich auf dem Bike fahre. Dazu wollte ich mit Vitargo eine für mich neue Wettkampfernährung testen. Auf meinem persönlichen Wunschzettel stand insbesondere ein solider Marathon, da die letzten 3 komplett in die Hose gegangen sind. Von den bisher 4 Starts auf Lanzarote bin ich 3x die Radstrecke unter 6h gefahren. Nach der Fahrt vom vergangenen Sonntag hatte ich da aber bereits größere Zweifel das dieses Jahr wieder zu erreichen.

Max:
Hast Du Dir im Vorfeld eine Strategie zurecht gelegt wo Du Kai am besten sehen kannst?
Die Insel ist groß und es erfordert einigen logistischen Aufwand vom Schwimmstart an die Radstrecke und danach wieder an die Laufstrecke zu gelangen.

Birgit:
Oh ja, ich habe mir einen genauen Schlachtplan zurecht gelegt. Zu welchem Zeitpunkt ich wohin fahre oder laufe, wo ich wann parken werde. Wann ich mir meinen Morgenkaffee gönne. Wo die öffentlichen Toiletten sind …

Max:
So jetzt gehts ans Eingemachte. Der Rennbericht Teil 1. Wie war das Schwimmen Kai?

Kai:
Lanzarote ist meines Wissens der einzige Ironman wo noch der traditionelle Massenstart stattfindet. D.h. es gibt weder Startwellen noch einen sogenannten Rolling Start. Die Profis starten 5m vor den Agegroupern. Der Start findet nicht über die komplette Breite des Strandes statt, sondern die 1800 Triathleten stehen auf vielleicht 10m Breite hintereinander. Innerhalb der Schlange kann man sich nach Schwimmstärke einsortieren. Als Besonderheit dürfen AWA Athleten in der ersten Reihe hinter den Profis starten. Geschwommen werden 2 Runden im Gegenuhrzeigersinn, parallel zum Strand mit einem australian exit d.h. nach der ersten Runde geht es vielleicht 50 bis 100m über den Sandstrand.

Schwimmstrecke des Ironman Lanzarote 2018. Bild des Veranstalters.

Dieser Massenstartmodus macht mich ehrlicherweise schon deutlich nervöser. Ich gebe es zu, ich bin da ein Chicken. Die Waschmaschine – insbesondere die nur 200m entfernte erste Boje – bereitet mir ernsthafte Sorgen. Da muss ich gefühlt noch 2x extra auf den Topf. Ich bevorzuge gleichmäßig zu schwimmen anstatt bereits auf den ersten 400m all out und dann den Rest der Strecke, sauer wie ein Rollmops ums Überleben zu kämpfen.
Trotzdem nutze ich meinen letztes Jahr erworbenen AWA Silberstatus und hab mich etwa in die 6. Reihe ganz außen gestellt. Da ich etwa 1h für die Strecke benötige – hab das in den Vortagen im Training 2x getestet – wollte ich nicht zu weit hinten starten. Aber um die Sache etwas zu entspannen hab ich mich entschieden, einen größeren Bogen um das Getümmel zu machen anstatt Kampflinie zu schwimmen.
Nachdem ich mich von Birgit mit einem Kuss verabschiedet hatte, stand ich dann die letzten Minuten bis zum Start eingepfercht wie eine Ölsardine zwischen den anderen Goldkappen am äußersten rechten Rand. Als dann der Startschuss fiel ging es im Sprint über 50m Sandstrand und dann weitere 50m durch knietiefes Wasser, dabei orientierte ich mich noch weiter nach rechts außen um möglichst keinen einzigen anderen Schwimmer rechts von mir zu haben. Ich habe dann sofort – wie geplant – unbedrängt meine eigene Pace schwimmen können. Den Bogen, den ich dabei um die erste Boje schwomm, war im nachhinein vielleicht doch etwas zu großzügig gewählt, da die nachträgliche Garminauswertung eine Gesamtstrecke von über 4200m auswies und ich im Training die Tage zuvor bei enger Umrundung der Bojen nur 1950m für eine Runde auf der Uhr hatte. Aber no regrets, ich hatte die Entscheidung ja selbst getroffen. Die 2 bis 3 Minuten Verlust für den Komfort stressfrei zu schwimmen sind aus meiner Sicht gut investiert – insbesondere in der Relation eines bevorstehenden 11 Stunden Tages 🙂
Auch an der 2. und 3. Boje war noch ziemlich Betrieb und so entschied ich mich auch hier für einen angemessenen Sicherheitsabstand. Alle Bojen sind von der linken Seite zu umschwimmmen, mit Ausnahme der letzten Boje kurz vor Ende der Runde. Die musste ich positionsbedingt nun ganz eng nehmen. Aber das hat ohne größeren Körperkontakt geklappt.
Beim Landgang hab ich keinen Stress gemacht und bin locker durch den tiefen Sand gejoggt bzw. gegangen, im Gegensatz zu manchem Athleten die ihr Testosteron noch immer nicht unter Kontrolle hatten und den Landgang wie bei einem Zielsprint von einem 10km Lauf absolviert haben. Dafür hab ich gehört wie Birgit mich angefeuert hat.
In der 2. Runde hab ich keine so großen Bögen mehr um die Bojen gemacht. Das Feld hatte sich schon etwas ausgedünnt. Ich hab wie bereits auf der ersten Runde kontinuierlich überholt. Der Nachteil an meiner Strategie ist, dass ich auf diese Weise quasi gar nicht von Wasserschatten profitiere. Ich hab Gruppen oder einzelne Schwimmer anvisiert und jedes Mal auch erreicht und überholt. Erst auf den letzten 500m erreichte ich eine kleine Gruppe in der ich eine Zeit mitgeschwommen bin.

Nach 1:02:53 war dann die erste Disziplin, ohne mich dabei unnötigverausgabt zu haben, erledigt. Der Wechsel klappte problemlos und flüssig.

Auch meine Sorgen wegen der viel zu eng gestellten Räder und dem Gegenverkehr im Gang erwiesen sich als unbegründet. Das lag aber vor allem daran, dass in meiner Reihe noch quasi alle Räder am Ständer hingen und die Jungs und Mädels sich Gott sei Dank noch im Atlantik aufhielten. Will sagen es gab in meinem Gang keinen Gegenverkehr. Rein, bis ans Ende joggen, Rad abhängen und dann das Rad zwischen den Rädern schiebend durchbalancieren bis zum breiten Mittelgang. Während dieser Zeit interessierte sich keiner für meine Reihe, was für ein Dusel 🙂

Max:
Wo hast Du das Schwimmen verbracht Birgit?
Hast Du einen guten Platz ergattern können um das Geschehen zu verfolgen?
Was macht der Blutdruck wenn man seinen Liebsten in der Waschmaschine mit 1800 anderen verschwinden sieht?

Birgit:

Zunächst habe ich mich am Startkanal von Kai verabschiedet und ihm viel Glück gewünscht. Dann habe ich versucht weiter vorne noch einen guten Platz zu erwischen. Da war ich aber zu spät dran. Deshalb konnte ich den Start nur aus der zweiten Reihe verfolgen. Mein Herzschlag war diesmal relativ normal und ändern kann ich ja doch nichts. Als die Gitter vom Startkanal geöffnet wurden konnte ich mir aber durch schnelles Reaktionsvermögen einen super Platz am „australian exit“ sichern. Das hat auch gut geklappt, ich habe Kai unter all den in Neopren gehüllten Menschen sofort erkannt und konnte ihn lautstark anfeuern. Direkt nach dem Landgang bin ich in unser Lieblings-Frühstückscafé geeilt und habe mir einen Kaffee gegönnt (und ein Neapolitana zum mitnehmen). Danach bin ich ratzfatz zurück an die Straße geeilt, um mir einen Platz mit guter Sicht auf die ersten paar 100 Metern der Radstrecke zu sichern.

Max:
So Kai nachdem Du wieder lebend den Fluten entstiegen bist, wie ging es weiter mit der 2. Disziplin weiter, sagen wir bis Teguise?

Kai:
 Innerhalb der Wechselzone ging es vom Strand noch eine kleine Rampe hoch, dann kam die Markierung zum aufsteigen. Hier war die Straße durch Absperrungen sehr schmal, dazu herrschte schon reichlich Betrieb. Daher musste ich das Rad noch ein paar Meter weiter schieben. Als ich gerade aufsteigen wollte, musste ich nochmals absetzen, weil es direkt vor mir durch das herumgeeier mehrerer Athleten bereits zu Stürzen kam. Die Gummis an den Schuhen waren schon gerissen, da ich bereits mit dem einen Bein Schwung holen wollte. Immerhin bin ich nicht gestürzt. Aber so musste ich mein Rad eben nochmals ein paar Meter schieben. Beim 2. Versuch hat es dann geklappt. Wegen der schmalen Straße und dem Durcheinander war ich in erhöhter Alarmbereitschaft und bin erst mal losgefahren ohne gleich in die Schuhe zu schlüpfen. Als etwas mehr Platz war bin ich schliesslich in die Schuhe geschlüpft und hab dann Reisegeschwindigkeit aufgenommen. Birgit habe ich ebenfalls wieder gehört als sie mich angefeuert hat.
Nach 8km ging es dann mit dem ersten Berg nach Conil gleich richtig zur Sache. Ich hab versucht den Motor nicht zu überdrehen und bin die etwa 8 km mit durchschnittlich 270W hochgefahren. Ich hab zwar nicht gezählt, wurde aber gefühlt von deutlich mehr Leuten überholt als ich überholt habe. Das ist gar nicht so einfach sich dabei nicht mitreissen zu lassen. Aber ich hab immer wieder ein Auge auf dem Wattmesser gehabt und mich so eingepaced. So in der Mitte des Berges hat mich dann überraschenderweise Mike (Anmerkung: Mike Schifferle ist ein schweizer Profitriathlet) überholt, der offensichtlich kein gutes Schwimmen erwischt hatte. Ich hab ihn gegrüßt und wir haben ein paar Worte gewechselt und in kürzester Zeit – surprise surprise 🙂 – war er dann aber am Horizont verschwunden.
Durch die abwechslungsreiche, kurzweilige Strecke verging die Zeit wie im Flug nur unterbrochen durch die 5km-Zwischenzeiten meines Garmin, die auf brutale Weise meinen Traum einer Sub 6 Radzeit langsam zerplatzen ließen. Den Spass und die Moral konnte mir das aber trotzdem nicht nehmen. Nach etwas weniger als 3 Stunden war ich dann in Teguise (fast Halbzeit) wo dann Birgit auf mich gewartet hat.
Das ist schon ein Highlight und ein Motivationsbooster, wenn du weißt da steht jemand an der Strecke und fiebert mit dir. Teguise ist ein Stimmungsnest, viele Zuschauer, Musik, also quasi der Solarer Berg von Lanzarote, sehr sehr geil 🙂

Max:
So langsam bist Du sicher warm gelaufen Birgit. Jetzt wurde es sicher hektisch um an die Radstrecke zu kommen oder?
Was für einen Eindruck hattest von Ihm bei der ersten Durchfahrt durch Teguise? Wie war der Abstand zur Spitze? Hat der IM Tracker geglüht? 🙂

Birgit:
Als ich Kai hab losradeln sehen, bin ich zum Auto gelaufen. Auf dem Weg dahin bin ich noch schnell in den Spar gehuscht um mich mit Sonnencreme einzudecken. Den Weg nach Teguise kenne ich ja im Schlaf und da ich so früh dran war war auch die Parkplatzsuche recht einfach.
In Teguise war es noch ziemlich kühl und so bin ich hin und her getigert und hab den Tracker gequält, den Ladezustand meines Handys nach unten gefahren (und gemerkt, dass ich zwar eine Powerbank, aber kein Ladekabel dabei habe). Irgendwann kam Leben ins Geschehen, die ersten Radfahrer kamen den Berg hoch. Von meinem gut gewählten Platz aus habe ich Kai auch von Weitem erkannt. Er hat einen guten Eindruck auf mich gemacht.

Max:
Wie ging es von Teguise weiter Kai?

Kai:

Der nun folgende Streckenteil von Teguise bis Teguise ist der härteste, aber für mich auch der schönste Teil des IM Lanzarote. Der Moment wenn man den Mirador del Rio mit seinem atemberaubenden Ausblick auf den türkisblauen Atlantik passiert, ist ein echter Gänsehaut Moment. Danach die rasende Abfahrt nach Arrieta.

 Ein Traum, der leider nochmals unterbrochen wurde als es den fiesen Berg des neuen Streckenabschnitts über Teseguite nach Teguise ging. Als ich dann oben zum 2. Mal in Teguise angekommen bin, hat wieder Birgit auf mich gewartet. Da ich den Anstieg hoch ziemlich gelitten hatte war das nochmals ein letzter Motivationschub vor dem Laufen. Zum letzten Teil der Radstrecke gibt es nicht mehr viel zu sagen. Nach 140km hatte ich Mühe die Wattzahlen hoch zu halten. Der Puls war leider schon zu niedrig, was ein Zeichen für etwas zu wenig Energie war. Dafür hatte ich entgegen der letzten Ironmans keinerlei Anzeichen auf einen überfüllten Magen. Ich habe trotzdem bereits hier beschlossen das Laufen nicht mehr mit Vitargo sondern mit Cola fortzusetzen, da ich dachte dass mit Zucker und Koffein des Colas wieder etwas mehr Drehzahl auf die Pumpe kommen würde.
Nach 6:14 hab ich dann das Rad in die Wechselzone gestellt, bzw. vielmehr wurde es mir vor meiner Reihe von einem Helfer abgenommen.

Max:
Wie hast Du Dir die Zeit bis zur 2. Durchfahrt von Kai vertrieben? Nervös, hektisch, langweilig?

Birgit:
Bei der ersten Durchfahrt stand ich am Ortseingang von Teguise wo es bergauf geht. Beim zweiten Mal wäre er da mit hohem Tempo bergab an mir vorbei gefahren, also hatte ich im Vorfeld entschieden an die Kreuzung von Teseguite nach Teguise zu laufen. Da war eine scharfe Kurve und die Athleten eher langsam unterwegs. Das war aber ein ordentliches Stück zu laufen. Die Zeit hat gut gereicht, aber langweilig war es definitiv nicht.

Max:
So nun zur 3. abschließenden Disziplin. Wie lief es in der ersten Runde?

Kai:

Ich hab mich richtig gut gefühlt und bin voll motiviert losgelaufen. Ich war überzeugt, dass ich trotz der entäuschenden Radzeit nun einen ordentlichen Marathon abliefern würde. Die ersten 5km sahen mit 5er Schnitten auch ganz vielversprechend aus. Aber den Puls hab ich einfach nicht mehr auf Touren bekommen, der ging immer weiter runter. Kurz vor Playa Honda hab ich dann Mike wieder getroffen und gegrüßt. Bis zum Wendepunkt war es aber noch ein weites Stück. Die Kilometer-Splits wurden immer langsamer. Der 5er Schnitt verabschiedete sich ganz langsam Stück für Stück. Auf dem Rückweg wurde mir dann so langsam klar, dass ich auch die angepeilten 3:30 nicht erreichen kann. Das steigert nicht unbedingt die Moral, insbesondere wenn man weiss dass der harte Teil noch folgt. Leider gab es an einer Getränkestation kein Cola sondern nur Red Bull. Da ich damit schlechte Erfahrungen gemacht hab, konnte ich da nur Wasser nehmen. Das gab sowohl meinem Puls als auch meiner Geschwindigkeit den letzten Abwärtskick.

Als ich bei Birgit angelangt war, bin ich ein paar Meter gegangen und hab sie gefragt ob sie mir für die nächste Runde Cola besorgen könnte. Danach hab ich wieder Tempo aufgenommen, allerdings war ich da nur noch bei etwa 5:15.

 

Max:
Die 3. Disziplin ist gleichzeitig auch die anstehendste für den Supporter oder?
Berichte mal!

Birgit:
Zunächst musste ich von Teguise wieder mit dem Auto nach Puerto Del Carmen zurück. Wegen des Wettkampfs sind ja auch einige Straßen gesperrt und bei 1800 Teilnehmern sind diverse Supporter auf den freien Straßen unterwegs und auf Parkplatz-Suche …
Von meinem Parkplatz an die Laufstrecke war also auch für mich laufen statt gehen angesagt und ein Ladekabel habe ich by the way auch noch erworben. Ich wollte an der Krezung, an der die Radfahrer für die letzten 2 km auf die Uferpromenade abbiegen beobachten wann Kai Richtung Wechselzone unterwegs ist. Der Tracker war nicht immer ganz genau und ich wollte wissen wann ungefähr losläuft. Danach bin ich parallel zur Laufstrecke Richtung Matagorda geeilt, um auf der großen ersten Runde ungefähr in der Mitte zu stehen. Da kam dann irgendwann der Zeitpunkt wo ich gemerkt habe, dass ich zu viel Gewicht im Rucksack habe um ständig damit rum zu rennen. Nachdem Kai Richtung Playa Honda an mir vorbei war, bin auf einen schnellen Abstecher ins Hotel gehetzt und habe „abgespeckt“.

Max:
Daran erinnere ich mich mit Schmerzen, leider hat das „abspecken“ auch mich betroffen und ich war von nun an nicht mehr im Rucksack mit an der Strecke :‘-(
So, grande Finale. Jetzt wurde es hart, Kai in der zweiten Hälfte des Marathon beginnt bekanntlich das Rennen bzw. das Leiden erst richtig. Wie wars diesmal?

Kai:

Die erste Runde hat ca. 21km und die anderen beiden Runden etwa 10,5km. Als ich Birgit dann auf der 2ten Runde getroffen hab, hat sie mir eines meiner kleinen Getränkefläschchen mit Cola bereit gehalten. So konnte ich die Colalose Getränkestelle überbrücken. Auf dem Rückweg vom Wendepunkt hatte ich dann zum ersten Mal eine echte Krise. Ich bin ein paar Meter mit Birgit gegangen und sie hat mich ziemlich zusammengefaltet. Aber eins ist hängen geblieben. Nicht gehen, joggen geht immer! Das hab ich beherzigt. Die Kilometer-Splits lagen mittlerweile nur noch bei etwa 5:30 bis 5:40. Als ich am Ziel den U-Turn zur letzten Runde machte, war ich schon sehr neidisch auf die Athleten die bereits in den Zielkanal eingebogen sind. Meine Krise hatte ich einigermaßen überwunden und hab mir immer wie ein Mantra vorgesagt „joggen geht immer“. Aber mehr war es eben leider auch nicht mehr. Ich hab mich nur noch mit Kilometersplits von ca 5:40 vorwärts bewegt. Aber immerhin bin ich nicht gegangen. Das konnte ich dank Birgits Motivationsrede vermeiden. Zwei Mal hab ich auch noch Flo getroffen, ein sehr netter Schweizer, den wir in Malaysia kennen gelernt haben und der mich lautstark angefeuert und angetrieben hat. Aber nicht nur er sondern auch seine mitgereiste Freundin und ein Kumpel feuerten mich sowohl auf der Rad als auch auf der Laufstrecke immer wieder vom Streckenrand an. Sehr, sehr geil, schade nur dass ich ihnen nicht mehr anbieten konnte.

Max:
Um 3:30 aufgestanden, den ganzen Tag auf den Füßen, dazu die nervliche Belastung, man fühlt ja schließlich mit. Jetzt noch die pralle Sonne an der Laufstrecke, so langsam warst Du sicher auch so gemoschtet wie Dein Mann?
Nachdem Kais Ziele langsam unerreichbar wurden, muss nun auch noch der Motivationshammer ausgepackt werden. Wie hast Du die 2. Hälfte des Marathon erlebt?

Birgit:
Ich hab versucht da zu sein und ihn am gehen zu hindern 🙂
Irgenwann taten auch mir die Füße und der Rücken weh und ich hätte mich am liebsten in eine der vielen Kneipen entlang der Uferpromenade in den Schatten gesetzt.

Max:
Wie war der Zieleinlauf?

Kai:

Als ich nach 3:53 auch den Marathon abgehakt hatte war ich einfach nur happy über mein finish. Die entäuschende Gesamtzeit war mir in dem Moment völlig wurscht. Im Zielkanal hab ich die ganze Freude rausgebrüllt. Einfach nur geil. Ich liebe diesen Sport!
Mit 11.20 Stunden bin ich 14er der AK50 von 249 geworden. In der Gesamtwertung liege ich auf Platz 207 von etwa 1800 Teilnehmern. Immerhin habe ich die #beatyourbib Challenge geschafft, ich hatte ja die Startnummer 287 😉 😉

Birgit:
Kai hat mich mal wieder nicht gesehen 🙂 Aber die Stimmung am Zielkanal ist schon speziell und sehr emotional. Und da kommt schon ein klein wenig Neid und Wehmut auf, diesen Moment nicht selber geniessen zu dürfen. Aber es war ja meine Entscheidung, dieses Jahr nur einen IM zu machen.

Max:
Wie sieht Dein Resümee aus Kai?

Kai:

Lanzarote ist und bleibt mein Lieblingsrennen. Aber ich muss mir selber eingestehen dass es mir einfach nicht liegt. Ich bin nicht geschaffen für einen bergigen Ironman wie diesen. Ich bin ein Rollertyp. Von der Gesamtzeit und Platzierung bin ich zwar enttäuscht. Aber ich habe wirklich alles gegeben, insbesondere auf dem Rad und bin den Marathon ohne Gehpausen durchgelaufen. Ich wüsste nicht wo ich viel liegen gelassen hab. Mehr war eben nicht drin. Was sehr positiv war ist, dass der Magen dieses Mal gehalten hat. Das bedeutet wir haben an den richtigen Schrauben gedreht, sind aber etwas am Optimum vorbei geschossen. Dieses Mal war der Motor wohl etwas zu mager eingestellt. Ich bin aber sehr zuversichtlich dass es mit etwas Feintuning beim nächsten Mal noch besser wird. Daher bin ich mit meinem Rennen insgesamt trotzdem zufrieden und stolz über mein 22igstes IM Finish 🙂

Der erste Dank gehört natürlich meinem Schatz, der mich hier so wunderbar unterstützt hat. Der zweite Dank an meinen Coach Bennie Lindberg, dessen Geduld ich immer wieder auf die Probe stelle 😉
Ich hoffe ich kann beim nächsten Start etwas mehr anbieten. Danke auch an alle die mir die Daumen gedrückt haben.

Max:
Wie ist Dein Resümee Birgit? Du bist ja fast einen Marathon gelaufen vermute ich?

Birgit:
Über die zurückgelegten Kilometer kann ich nur spekulieren – keine Ahnung. Aber laut meiner Garmin-Uhr habe ich über 45.000 Schritte gemacht. Ich nenne mich jetzt die „Queen of steps“!

Wer denn nun den anstrengenderen Tag hatte ist nicht einfach zu beantworten. Allein Birgits 45000 Schritte zeigen aber, dass sich Athlet und Supporter nicht viel schenken.

Der Veranstalter hat ein sehr schönes Rennvideo auf youtube gestellt, in dem ich ziemlich zu Anfang ebenfalls kurz zu sehen bin.

Wir hoffen unser Doppel-Erlebnisbericht hat Euch gefallen.

Bleibt uns gewogen, keep racing, Aloha und Mahalo!

Kai und Birgit