Lange steht er schon auf meiner Bucketlist, der Ironman Langkawi. Jetzt hat es endlich geklappt. Zumindest an die Startlinie hatten Birgit und ich es schon mal geschafft. Dafür war ich sehr dankbar nach dem Seuchenjahr 2016 ohne Wettkampf nur mit etwas Bewegungstherapie.Ein erster Schritt zurück in die IM Langdistanz – ich liebe diesen Sport einfach – habe ich in Texas im April diesen Jahres bereits mit Birgit erfolgreich genommen. Seither gab es leider wieder ein paar kleinere Rückschläge verbunden mit Pausen. Das Chassis entspricht leider dem eines 50 Jahre alten Autos und der Motor ist zu gut für das Fahrwerk 😉
Aber die letzten 3 Wochen vor dem Wettkampf waren dann tatsächlich endlich mal wieder beschwerdefrei und ohne sonstige Störungen und ich war seh optimistisch hier zu finishen 🙂
Auch die letzte Vorbereitung hier auf Langkawi lief tiptop.
Nach dem Einchecken meines neuen bikes (haero carbon, #hctt) in die T1 am Danna Langkawi Hotel mussten wir noch zur 25km entfernten T2 am Flughafen um unsere Laufsachen höchstpersönlich an den Ständer zu hängen. Den ersten Teil haben wir mit dem Rad, den 2ten mit dem Shuttle-Bus erledigt.
Trotz der überwiegend asiatischen Küche, habe ich im Berjaya auch 2 Portionen Pasta bekommen #ritual. Ein kleines Bier – hat zum einschlafen aber nicht geholfen – und eine kurze Nacht und dann ging es endlich los.
Das kribbeln war da, Respekt vor den Temperaturen auch, aber ohne besondere Nervosität wie vor manchen anderen Rennen. Ich hatte keinerlei Druck, da die Quali eigentlich nie ein Thema war. Klar „anything is possible“ aber es war angesichts der Vorgeschichte kaum zu erwarten.
Ich hatte aber ein richtig gutes Gefühl und richtig Bock auf das Rennen. Einfach das anbieten was der alte Ofen so hergibt und das abrufen was ich eben so trainieren konnte. Ein wichtiges Nebenziel nach zwei vermurxten Marathons über 4h war: durchlaufen und Sub 4h.
Um 7:10 startete der 70.3 und um 7:40 die Pros des vollen IM.
Um 7:48 ging es für uns Agegrouper los, im mittlerweile üblichen Rolling Start Modus.
Ich wollte es bei dem warmen Wasser richtig easy angehen lassen und hab mich daher nicht ganz vorne reingestellt. Ich bin dann super locker angeschwommen. Es ist ein Dreieckskurs der 2x im Uhrzeigersinn zu durchschwimmen war. Ich bin ganz außen geschwommen komplett ohne Wasserschatten. Ich wollte unbedingt mein eigenes Tempo schwimmen. Ich hab fast die ganze Zeit Athleten überholt. Am Ende der ersten Runde bin ich dann in die 30′ vorher gestarteten 70.3 Agegrouper geschwommen und ich musste etwas Slalom schwimmen. Die erste Runde hatte ich in genau 30′ abgehakt. Beim Landgang hab ich mir Zeit gelassen, erfreulicherweise gab es sogar etwas zu trinken was ich dankbar angenommen habe 🙂
Ein paar einzelne Athleten haben dabei überholt.
In der 2ten Runde, gleiche Taktik, ruhig schwimmen, Kräfte sparen, nicht überhitzen. Das Wasser war echt warm. Etwa 31 Grad Celsius :-/
Der einzige Unterschied, jetzt hab ich mich hinter den erstbesten Athleten geklemmt, der mich gerade beim Landgang überholt hatte.
Wenn jemand 30′ über 1,9km schwimmt baut er in der Regel nicht mehr so sehr ab, ausserdem ist das anfängliche Adrenalin schon etwas verraucht. Also bin ich die 2te Runde gefühlt viel viel zu langsam hinter meinem Vordermann hergeschwommen. Ich hab mich noch nie so relaxt nach 3,8km gefühlt. Blick auf die Uhr 1:02. Tiptop – Taktik perfekt aufgegangen.
Ohne große Hektik bin ich ins Wechselzelt spaziert und leider wieder raus ohne den Swimsuit ausgezogen zu haben. Also zurück. Gott sei dank war der Beutel noch da und ich hab dem Anzug reingestopft.
Als ich bei meinem Rad angekommen bin habe ich mit Freude festgestellt dass sich nur EINE Lücke in meiner Nähe (meine AK) befand. Also wusste ich dass sich nur ein oder maximal 2 Athleten aus meiner AK vor mir befanden.
Für die 2te Disziplin hatte ich mir dieselbe Taktik zurecht gelegt. Ruhig, gleichmäßig fahren, Kräfte sparen, Puls unten halten, kühlen, kühlen, kühlen und trinken! Blos sich nicht das Tempo von anderen Bikern diktieren lassen. Bekanntlich nicht so einfach für mich 😉
Die ersten 30km waren gleich etwas über meinem selbst gesteckten Limit, aber dann hat es ganz gut geklappt. Das erste Teilstück ist ein sehr welliges Wendepunktstück. Hier habe ich dann auch den ersten „O“ Fahrer gesichtet. „O“-Fahrer, weil jede AK mit einem Klebetatoo auf der Wade markiert wird. Meine Grufti-AK hatte ein „O“ wie Opa auf der Wade.
Kurz bevor ich wieder auf die Hauptstrasse (es fällt mir etwas schwer diese Piste als Hauptstrasse zu bezeichnen ist aber eben so :-)) gebogen bin, ist mir Birgit entgegen gekommen. Was für eine Freude. Hurra!! Das war für mich das Highlight des Tages, was auch immer der Tag noch bringen würde, denn damit war klar, dass Birgit ihre Wackeldisziplin diesmal super gemeistert hat.
Mit der Zeit wurde es jetzt aber immer wärmer und ich habe keine Gelegenheit ausgelassen mir Wasser in Helm und über den Anzug zu giessen. Aber ich hatte heute ein Paar ganz gute Beine erwischt und war – obwohl mittlerweile leider ein oder zwei „Opa“-Fahrer an mir vorbei sind – noch guter Dinge. Einer (der Düsen-Opi) donnerte vorbei als ob er einen Raketenantrieb hatte 🙂
Die Radstrecke hat ebenfalls 2 Runden, die aber nicht genau gleich sind. Die Radstrecke hab ich definitiv unterschätzt (obwohl wir die mit dem Motorroller vorher abgefahren sind!). In der Ausschreibung steht 1500 Höhenmeter, aber es gibt einige sehr steile Rampen. Der Strassenbelag ist schlecht mit Schlaglöchern und Rissen, dazu ist die Strecke für den Verkehr nicht gesperrt. Man musste immer wachsam sein, um nicht mit Mopeds, Autos, Kühen, Hunden, Affen oder euphorischen Kindern (die immer weiter in die Strasse drängten um entweder eine Flasche abzugreifen oder uns abzuklatschen) zu kollidieren. In der ersten Runde eierten dazu noch haufenweise 70.3er vor mir herum (am Berg haben sie meist geschoben), was in den Aidstations wirklich gefährlich war.
Als ich zum 2ten Mal in den bergigen Mittelteil der Strecke kam begann es zu regnen. Nicht nur ein bischen Niesel, sondern ein tropischer Regen. Große Tropfen, die Strasse stand ruckzuck unter Wasser. Beim bergauf fahren drehte mein Hinterrad im Wiegetritt durch. Gewarnt von diesem Umstand bin ich die Berge mit höchstmöglicher Vorsicht runtergeschlichen. Erste Runde Spitzengeschwindigkeit noch 76km/h waren es in der 2ten Runde noch gerade 35 km/h.
In einer Senke ist die 80mm Felge meines Vorderrades mal kurz in einer Pfütze verschwunden. So sehr mich die langsame Geschwindigkeit und die Rutschgefahr auch schmerzte, hatte der Regen natürlich auch einen Vorteil. Der mittlerweile schon leicht überhitzte Motor wurde wieder in die Komfortzone runtergekühlt. Sehr sehr Geil 🙂
Leider sind mir in dieser Phase 2 „Opa“-Athleten entwischt, die ich zuvor immer auf dem Radar hatte. Einige haben auf den Abfahrten viel andere auch zu viel riskiert. Die, deren Mut belohnt wurde konnten eben ein paar Minuten gut machen, die anderen deren Mut bestraft wurde mussten nun eben mit ihren Sturzverletzungen zurecht kommen :-O.
Insgesamt sieht man auf der Radstrecke leider sehr selten das Meer. Schade, wo die Insel doch nicht so groß ist.
Das letzten rund 10km in die Wechselzone waren von Ecken und Rumpelbelag geprägt.
Mein He(a)ro hat mich jedenfalls tapfer und ohne Panne über die Radstrecke getragen und seine erste echte Dienstfahrt mit Bravour bestanden.
Nach 5:30 (6ter AK) hab ich endlich meinen Gaul in der T2 abgegeben.
Die T2 ist innerhalb des Exhibition and Convention Center (MIEC). Im gut klimatisierten Wechselbereich hab ich mir mein „custom“ Netz-Unterhemd mit vielen Täschchen unter meinen Einteiler angezogen. Die Täschchen sollten das Eis im Brustbereich halten.
Noch in der Halle hab ich mir an einer Aidstation das Unterhemd und meine Kappe mit Eiswürfel vollgeladen und dann ging es hinaus ins Treibhaus.
Die Laufstrecke geht über 2,5 Runden vom MIEC (am Flughafen) entlang der Küste nach Chenang bis zum Hotel Meritius Pelangi wo sich auch die Finishline befindet. Man läuft 2 Mal an der Finishline vorbei dann ist es vollbracht.
Die Strecke ist für meinen Geschmack – abgesehen von dem Teilstück am Strand vor der Finishline – langweilig und öde. Da müsste doch eigentlich, auf so einer schönen Insel, eine etwas attraktivere Laufstrecke zu finden sein. Immerhin ist sie flach, was mir sehr entgegen kommt.
Aidstation wie üblich alle 2km mit allem was man so braucht. Wasserfläschchen zum mittragen, Cola, Iso, Brezeln, und vor allem Eis und „Splash“. Splash ist ein grosser Kübel mit Eiswasser und Schöpfkellen da kann man überhitzte bzw. brennende Motoren und auch von der Kernschmelze betroffene Reaktoren wieder runterkühlen. Einziger Nachteil der Aidstations war,dass die Helfer einem die Sachen nicht hingehalten haben. D.h. man musste immer stoppen und sich die Sachen vom Tisch nehmen. Trotzdem grossen Dank an die Helfer, die allesamt sehr freundlich und mit grossem Einsatz dabei waren.
Die erste Runde hat wirklich gut funktioniert. Ich hab mich immer noch gut gefühlt. Die Splits waren zwischen 6:00 und 4:45 je nachdem wie lange ich an der Aidstation zum auffüllen meiner Eisvorräte gebraucht hab. Einen der „Opa-Fahrer“ konnte ich wieder zurück überholen. Alles sah nach einem Marathon knapp unter 4h aus.
Ab etwa Kilometer 24 habe ich gemerkt, dass der Magen Probleme macht und ich musste die Zufuhr von Cola und meiner mitgeführten Eigenverpflegung (GU-Roctane Konzentrat) stoppen.
Bis Kilometer 28 konnte ich – abgesehen der Aidstations – noch durchlaufen. Dann war Feierabend, aber so was von :‘-(
Hier hab ich Birgit das 2te mal gesehen. Sie hat mich angefeuert, aber ich war fertig.
Ich hab es immer wieder erneut versucht. Aber immer wenn ich versucht hab Cola zu mir zu nehmen hat es mich gewürgt und ein kleiner Schwall fiel mir aus dem Gesicht.
Ausgerechnet als ich das 2te Mal in der Messehalle war hat es mich richtig erwischt. Ein Schluck Cola und die ganzen 100 bis 200m innerhalb der Halle bis zum Ausgang wurden von mir dermassen verkotzt als ob ich vom Volksfest kommen würde. Sehr sehr peinlich!
Danach war es immerhin besser.
Birgit war jetzt knapp hinter mir.
Viele viele „Opa“-Athleten hatten mich auf den letzten 6km bereits überholt. Das tat doppelt weh. Aber es nutzte nichts immer wieder joggen, gehen, joggen. 14km können soooo lang sein.
Irgendwann bei KM38 ist Birgit dann auf mich aufgelaufen und ich hab versucht die letzten Kilometer mit ihr zu laufen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dann auch noch mit Seitenstechen zu kämpfen, so dass ich auch sie ziehen lassen musste. However immer wieder bin ich angelaufen und so kam es dass Birgit bei Kilometer 41 plötzlich wieder vor mir auftauchte. Das letzte Aufbäumen von mir reichte bis zur Finishline.
Nach 11:14 war der IM Malaysia mit einem völlig missratenen Marathon von 4:32 (16ter Ak) im Sack. Damit war ich 12ter der AK-„O“(pa) (50-54) und 138er insgesamt.
Hinter der Finishline bin ich zunächst direkt an den Zaun und hab gerade noch Birgit „alles Gute für die letzte Runde und Danke“ zurufen können.
Dann hab ich mir die Finishermedaille umhängen lassen und hab mich in den Eiswasserpool (Eis war schon geschmolzen) gesetzt.
Rechtzeitig zu Birgits Zieleinlauf war ich natürlich zur Stelle und hab sie direkt hinter der Finishline in die Arme geschlossen.
Das zu erleben… sehr sehr geil.
„The place is secondary, the battle is important. Love that shit man“ (Lionel Sanders)
Fazit:
1. Finish – check
2. Having Fun – check
3. Marathon Sub 4 – failed
4. Conditions – heat +humidity not as easy as expected :-O
5 Happy man – check
P.S.
Kaum zu glauben aber ich hab genau 30′ auf den letzten 14km verloren. Ich durfte einige Zeit zusammen mit Markus (ein sehr netter Schweizer aus dem gleichen Hotel wie wir, mit ihm und seinen Freunden hatten wir uns angefreundet) laufen. Ab Km28 musste ich ihn ziehen lassen. Er war 30′ schneller! Gratulation Markus! Gutes Finish!
Das mit dem Marathon muss ich noch mal üben. So langsam wir das mit den 4h scheinbar zur Gewohnheit.
Noch eine Bemerkung am Rande:
Mit 11:14 wäre ich 2015 noch 3ter in der AK geworden und der damalige 12te benötigte 12:29h. Rennen lassen sich zwar nie wirklich vergleichen aber hier ist es sehr signifikant und lässt sich nicht nur auf die äußeren Umstände zurück führen. Die Leistungsdichte hat also auch in so abgelegenen, exotischen Plätzen deutlich an Fahrt gewonnen. Ein Trend der, mit einzelnen Exemplarschwankungen in allen IM Rennen weltweit zu beobachten ist.